Kultur und Geschichte in Wangen

Wangen
Wangen lag im 16. Jahrhundert an einer bedeutenden Handelsstraße. Die Patrizier-und Kaufmannsfamilie Hinderofen machte  Geschäfte bis Spanien und Italien.

 






Zentrale Gebäude in Wangen

 
Sattelkapelle
Sattelkapelle
Siechenhaus
Siechenhaus
Traustüble
Traustueble
Rochuskapelle
Rochuskapelle
Pulverturm
pulverturm
St. Wolfgang
St. Wolfgang


Die Sattelkapelle

 

Ein Kranker seufzt in schwerer Not,
Zum Sattelkirchlein wallet
Ein Beter fromm und fallet
Auf seine Knie hin vor Gott:
Ave Maria!

So wars vor alters schon der Brauch
Im Unglück und im Glücke,
Gebet ist Himmelsbrücke.
So mög es sein und bleiben auch:
Ave Maria!

Entnommen aus: Karl Walchner :
" Alt -Wangener Erinnerungen " 1955, 1985

Sattelkapelle
Im Jahre 1446 wurde die Sattelkapelle neben dem Siechenhaus erstmals erwähnt. Im Laufe der Jahrhunderte erfuhr sie einige Veränderungen. So wurde der spätgotische Bau im 18. Jahrhundert
völlig verändert und dem Barockstil angepasst. Bei späteren Restaurierungen wurden alte Fresken freigelegt. Die Sattelkapelle ist dem Hl.Nikolaus geweiht. Bei schwerer Erkrankung von Angehörigen wanderten Verwandte und Freunde zur Kapelle und erbaten Hilfe. Nach der Innenrenovation der
Kapelle wurde diese 1954 auch außen völlig erneuert. Dabei kam an der Südseite ein gut erhaltenes Freskogemälde zum Vorschein. Es stellt den Hl. Christophorus dar. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich im Gasthaus zum Sattel jedes Jahr am Nikolaustag ( 6. Dezember) die Nikolausbruderschaft trifft. Zuerst wird in der Sattelkapelle für die verstorbenen Mitglieder eine Gottesdienst gefeiert. Dann treffen sich die Mitglieder der Nikolausbruderschaft im Gasthaus zum Sattel zu einer Nikolausfeier. Jedes Mitglied erhält ein kleines Geschenk. Dabei werden alte Wangener Nikolauslieder gesungen. Leider ist in den Unterlagen und Protokollen über diesen altehrwürdigen Wangener Brauch nicht viel vermerkt, wie mir ein Mitglied der Nikolausbruderschaft bestätigt hat.

Die Glocke des Sattelkirchleins ladet noch heute zum Beten und Meditieren ein:

Vom Westen weht ein leiser Wind-
Des Sattelglöckleins Läuten
Hat sinniges Bedeuten:
Die Hände faltet fromm das Kind:
Ave Maria!

Frühmorgens weckt´s die Schläfer all,
Dass zu dem harten Werke
Des Tags sich jeder stärke.
Am Mittag tönt sein eh´rner Schall:
Ave Maria!

Wenn abends nach des Tages Last
Der Sonne Glut verschwindet,
Ein Stern die Nacht verkündet,
Dann lädt es ein zu süßer Rast:
Ave Maria!

Sattelkapelle Sattelkapelle

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Das Siechenhaus - Vom ärmlichen Leben der Leprosen

Viele Städte Oberschwabens besaßen im Mittelalter ein Siechenhaus, in dem die Leprakranken wohnen mussten. Sehr bekannt ist das Leprosenhaus in Bad Wurzach. Meist war daran eine Kapelle gebaut.
In Wangen lag das " Siechhaus" oder " Siechenhaus" an der Straße nach Lindau, etwa eine halbe Stunde Fußmarsch vom Wangener Stadtkern entfernt. Heute steht dort das Gasthaus zum Sattel" , in dem man vorzüglich speisen kann. Wer denkt noch daran, dass vor Jahrhunderten dort die Leprakranken, die Siechen oder die Aussätzigen erbärmlich hausten und auf die Hilfe ihrer gesunden Mitbürger angewiesen waren. Zu dieser Anlage gehört auch die Sattelkapelle, die im 15. Jahrhundert neben dem Siechaus erbaut wurde.

Die dort hausenden Leprosen hatten die Krankheit Lepra, die von Pilgern, die das heilige Land besucht hatten, eingeschleppt worden war. Schon die Bibel berichtet von Aussätzigen, die Heilung bei Jesus gesucht haben. Auch sie mussten vor der Stadt hausen. Nach der Heilung durch Jesus mussten sie sich den Priestern ( heute etwa das Gesundeitsamt) zeigen und durften nach deren Heilungsbestätigung wieder in die menschliche Gemeinschaft zurückkehren.

Alle Personen, die an dieser sehr ansteckende Krankheit litten, wurden also " ausgesetzt". Daher nannte man ihre Krankheit auch Aussatz. Diese Kranken mussten wegen der großen Ansteckungsgefahr ihre letzten Tage vor den Toren und den Mauern der Stadt verbringen, weit weg von den Gesunden. Sie mussten also zum Sattel ins Leprosenhaus ziehen.

Siechenhaus
Die Anlage wurde auch " das Haus der Feldsiechen" genannt. Die gesamte Anlage, also das Siechenhaus ( heute Gasthaus zum Sattel und die Sattelkapelle) war von einem stabilen Zaun umgeben. Mildtätige Bürger brachten den Aussätzigen Essen und Trinken. Sie warfen die Lebensmittel durch eine offene Luke ins Haus. Die Leprakranken trugen graue Mäntel mit Kapuzen und Handschuhe. Zur Warnung an die Gesunden klopften sie mit Holzklappern oder Rätschen , wenn diese ihnen zu Nahe kamen. Aussatz war zur damaligen Zeit eine furchtbare Krankheit. Durch ihre Kapuzen und Handschuhe wollten sie vermeiden, dass Fremde ihre abfaulenden Ohren, Finger oder Hände sehen konnten. Heute ist in Europa diese schlimme Krankheit ausgerottet. Allerdings gibt es in armen Gegenden Afrikas noch immer Leprakranke, nur weil ihnen teuere Medikamante für die Heilung nicht zur Verfügung stehen.

Das Traustüble im Pfaffenturm

Im Pfaffenturm über dem Ratloch befindet sich das bekannte Traustüble mit seinen historischen Fresken, die bei den verschiedenen Renovierungs-und Ausbauphasen des Rathauses wieder entdeckt, freigelegt und liebevoll restauriert worden sind. Das Traustüble, wie die Wangener den kleinen Trauraum des Standesamtes
liebevoll nennen, erreicht man heute über den historischen Ratssaal.

Pfaffenturm und Rathaus haben bis heute Spuren von der Romantik über die Gotik bis zum Barock hinterlassen.Im Jahre 1721 erhielt das Rathaus die Barockfassade zum Marktplatz hin. Die Front zur Unterstadt behielt ihren
spätgotichen Charakter. Der Pfaffenturm oder das Ratloch verbindet die Ober-und Unterstadt miteinander. Er diente im 14. Jahrhundert als Stadtbefestigung. Die Räume des Ratlochturmes waren lange Zeit Gefängnis (siehe "Die letzte Hinrichtung") und Aufbewahrungsort für Urkunden und Dokumente. Im ersten Stock befindet sich das heutige Traustüble.

Wer dort heiratet, kann nicht mehr entwischen, da die winzigen Fenster vergittert sind.

Doch eine Trauung an solch einem historischen Ort steht für langes Eheglück. Wer möchte da nicht einen Versuch wagen!

Traustueble

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Die Rochuskapelle - ein Kleinod am Rande der Wangener Altstadt

Knapp fünf Minuten Fußmarsch vom Lindauer- Tor ( St. Martinstor) entfernt, liegt in Richtung Lindau auf der rechten Seite  der Alte Friedhof, der heutige Stadtpark. Dieser frühere Gottesacker, in dem über 300 Jahre lang bekannte und unbekannte  Wangener Bürger ihre letzte Ruhe fanden, wurde 1523 neben die Stadtpfarrkirche St. Martin verlegt. In den Jahren 1593 / 94 entstand am Rande des Alten Friedhofs die spätgotische Gottesacker-Kapelle, die Rochuskapelle. Sie ist 1596  dem Seuchenheiligen St. Rochus geweiht worden, denn Pest, Cholera , Aussatz und die Folgen blutiger kriegerischer Auseinandersetzungen  gingen auch in Wangen nicht spurlos vorüber Sie erinnerten die Bürger der Stadt an die Vergänglichkeit des Lebens.
Rochuskapelle
Zwei Kostbarkeiten im Innenraum der Rochuskapelle machen das Gotteshaus so wertvoll. Einmal sind es die 15 Rosenkranzmedaillons des Waldseer Künstlers Hans Zürn , dann die 66 Deckenbilder, die Darstellungen aus der
Apostelgeschichte und aus den Evangelien zeigen. Sie wurden von Wangener Bürgern gestiftet und mit den Wappen und Namen der Stifter verziert. 1991 wurde die wertvolle hölzerne  Bilderdecke fachmännisch saniert,  sodass sie im neuen Glanz bewundert werden kann.






Ein Blick ins Innere...
Rochuskapelle Rochuskapelle
Innenraum
Der Altarraum der Rochuskapelle

Innenraum
Der Kapelleninnenraum mit den berühmten Deckengemälden
Decke
Ausschnitt der gewölbten Decke mit den 66 Gemälden
Innenraum
Die 15 Rosenkranzmedaillons von Hans Zürn d.J. (1621)

Decke
Deckenbilder


Auswahl
Maria und Johannes bei dem Kreuz Jesu (Eines der 66
Deckengemälde)
Deckenbild
Deckenbilder ( Ausschnitt)

Quelle und Anregung:
- Führung durch meinen leider allzu früh verstorbenen Berufskollegen Edwin Wölfle
- „Wangen im Allgäu- Das Werden und Wachsen der Stadt“ 1975/ 1990 von Dr. Albert Scheuerle 
- Allgäuer Bilderbibel " So sehr  hat Gott die Welt geliebt" , St. -Rochuskapelle Wangen - 66 Deckenbilder mit Bibeltext und theologischer Betrachtung, (Redaktion: Edwin Wölfle), Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu, 1. Auflage 2007

Persönliche Anmerkung: Vor etwa 40 Jahren wurde in der Rochuskapelle regelmäßig der Sonntagsgottesdienst gefeiert. Die Kinder konnten während der Messe auf der Wiese im nahen Stadtpark spielen. Heute ist die Rochuskapelle geschlossen und kann nur während der Führungen besichtigt werden. Nähere Auskunft gibt das Gästeamt in Wangen.

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Der Pulverturm - ohne Pulver

Wandert der Besucher  vom größten  Parkplatz neben der Gallusbrücke auf kürzestem Wege in die Wangener Altstadt , so kommt er am Pulverturm vorbei , bevor er  einen  Teil der Unterstadt vor Augen hat.
Im 15. Jahrhundert wurde die Unterstadt mit einer Stadtmauer umgeben. Im Zuge dieser Mauer entstand auch der Pulverturm. Im Jahre 1596 wurde der Pulverturm abgebrochen und so umgebaut wie man ihn heute kennt.
1985 wurde er erneut renoviert. Er soll 2011 ein neues Dach bekommen.

Der Pulverturm erhielt seinen Namen erst um 1925. Früher hieß  er Färberturm oder Wasserturm. Unmittelbar daneben stand eine Färberei. Die Stadtansicht von 1611 zeigt , wie neben dem Färberturm ( Pulverturm) die gefärbten Tücher der Färber zum Trocknen über die Stadtmauer gehängt worden sind.
Sicher ist, dass der Pulverturm nie als Aufbewahrungsort für Schießpulver gedient hat.

Pulverturm

Quellen:
„Meine Heimat Wangen im Allgäu“ 1992 
Informationstafel am Pulverturm
Eigene Kenntnisse

 

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